Die rei­bungs­lo­se Arbeit der unab­hän­gi­gen Jus­tiz als drit­te Säu­le der Gewal­ten­tei­lung ist für uns Vor­aus­set­zung einer rechts­staat­li­chen Ord­nung. Der Zugang zum Recht muss allen Thüringer:innen in glei­chem Maße gege­ben sein, dies gilt ins­be­son­de­re für sozi­al benach­tei­lig­te Men­schen und gesell­schaft­li­che Min­der­hei­ten.

Die Lin­ke Thü­rin­gen setzt sich für eine Jus­tiz ein, die Rechts­si­cher­heit bie­tet und gerech­te Lösun­gen für Betrof­fe­ne mit sozia­ler Ver­ant­wor­tung gegen­über dem Ein­zel­nen und der Gesell­schaft ver­bin­det. Wer Unter­stüt­zung für die Durch­set­zung von Anlie­gen und Rech­ten benö­tigt, muss in der Jus­tiz eine bürger:innennahe, fai­re und fach­lich kom­pe­ten­te Unter­stüt­zung fin­den. Je bes­ser außer­ge­richt­li­che Mecha­nis­men zur Kon­flikt­lö­sung in allen Berei­chen der Gesell­schaft zum Tra­gen kom­men und je wir­kungs­vol­ler der Sozi­al­staat sei­ne Aus­gleichs- und Auf­fang­funk­ti­on wahr­nimmt, des­to weni­ger muss die Jus­tiz als „letz­tes Mit­tel“ der Kon­flikt­lö­sung und des gesell­schaft­li­chen Aus­gleichs ein­grei­fen. Die Arbeit der Jus­tiz ist daher der Ver­wirk­li­chung von sozia­ler Gerech­tig­keit ver­pflich­tet – eben­so wie ver­läss­li­chen recht­li­chen Ent­schei­dun­gen nach vor­ge­ge­be­nen for­ma­len Kri­te­ri­en.

Jus­tiz und Gerich­te müs­sen recht­zei­tig zugäng­lich, bar­rie­re­arm und nutz­bar sein. In vie­len Fäl­len des All­tags brau­chen die Betrof­fe­nen mög­lichst schnell Unter­stüt­zung, um ihre Rech­te durch­zu­set­zen. Die Thü­rin­ger Jus­tiz muss dafür per­so­nell und tech­nisch ent­spre­chend aus­ge­stat­tet sein. Der digi­ta­le Rechts­ver­kehr, als bun­des­deut­scher Stan­dard, muss auch in Thü­rin­gen so schnell wie mög­lich Umset­zung fin­den. Gleich­zei­tig darf die Digi­ta­li­sie­rung der Gerich­te nicht zu einem Zugangs­hin­der­nis zum Recht wer­den. Vor die­sem Hin­ter­grund hat die rot-rot-grü­ne Koali­ti­on in den ver­gan­ge­nen Jah­ren bereits vie­le Wei­chen für eine posi­ti­ve Ent­wick­lung in Thü­rin­gen gestellt – wir sehen den­noch wei­ter drin­gen­den Ver­bes­se­rungs­be­darf. Auch künf­tig wer­den unse­re Anstren­gun­gen dar­auf gerich­tet sein, opti­ma­le Bedin­gun­gen für eine leis­tungs­star­ke unab­hän­gi­ge Thü­rin­ger Jus­tiz und den Jus­tiz­voll­zug zu schaf­fen.

Bei den Thü­rin­ger Richter:innen sowie Staatsanwält:innen kommt es in den nächs­ten Jah­ren zu einer „Pen­sio­nie­rungs­wel­le“. Wir wer­den den Gene­ra­tio­nen­wech­sel in der Thü­rin­ger Jus­tiz wei­ter aktiv beglei­ten und durch die Bereit­stel­lung aus­rei­chen­der Haus­halts­mit­tel für die stu­fen­wei­se Neu­ein­stel­lung jun­ger Rich­te­rin­nen und Rich­ter, Staats­an­wäl­tin­nen und Staats­an­wäl­te sor­gen. Wir wol­len Stu­di­en­ab­sol­ven­tin­nen und ‑absol­ven­ten in Thü­rin­gen eine Per­spek­ti­ve im Jus­tiz­we­sen bie­ten und wer­den auch wei­ter­hin attrak­ti­ve Refe­ren­da­ri­ats­plät­ze anbie­ten. Dazu gehört für uns die gute Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf auch im Vor­be­rei­tungs­dienst und die ste­ti­ge Anpas­sung der Aus­bil­dungs­in­hal­te und Ver­mitt­lungs­me­tho­den an aktu­el­le Bedürf­nis­se und Ent­wick­lun­gen.

In der ver­gan­ge­nen Wahl­pe­ri­ode hat unse­re rot-rot-grü­ne Koali­ti­on in Thü­rin­gen auch die Jurist:innenausbildung moder­ni­siert – struk­tu­rell und inhalt­lich. Es wird ein beson­de­res Augen­merk auf die Per­so­nal­ge­win­nung und Per­so­nal­aus­wahl für den Vor­be­rei­tungs­dienst gelegt – damit auch wirk­lich fach­lich und per­sön­lich geeig­ne­te Men­schen den Weg in die Thü­rin­ger Jus­tiz fin­den.

Wir wol­len in den kom­men­den Jah­ren die Unab­hän­gig­keit und Trans­pa­renz der Jus­tiz wei­ter stär­ken und uns für wei­ter­ge­hen­de Refor­men ein­set­zen, vor allem für eine Stär­kung des Rich­ter­wahl­aus­schus­ses in sei­nen Auf­ga­ben und für den Aus­bau der Mit­be­stim­mungs­rech­te. Dazu muss vor allem das Thü­rin­ger Richter:innen- und Staatsanwält:innengesetz wei­ter inhalt­lich moder­ni­siert wer­den. Wir wol­len hier­für auch eine Ver­bes­se­rung von Arti­kel 89 der Thü­rin­ger Ver­fas­sung errei­chen.

Denn eine demo­kra­ti­sche, dem Rechts­staat und Sozi­al­staat ver­pflich­te­te Gesell­schaft wie die unse­re braucht auch eine demo­kra­tisch orga­ni­sier­te Jus­tiz mit Beschäf­tig­ten, die sich jeder­zeit im All­tag aktiv für die Ver­wirk­li­chung von Demo­kra­tie, Rechts­staat und Sozi­al­staat ein­set­zen.

Wir wol­len uns noch stär­ker als bis­her der Berufs- und Arbeits­si­tua­ti­on der Rechts­pfle­ge­rin­nen und ‑pfle­ger wid­men. Sie erfül­len wich­ti­ge Auf­ga­ben als eigen­stän­di­ge Orga­ne der Rechts­pfle­ge. Daher set­zen wir uns für die Auf­wer­tung ihrer Tätig­keit und die Umge­stal­tung ihrer Aus­bil­dung ein.

Wir wol­len die Digi­ta­li­sie­rung der Arbeits­ab­läu­fe in der Jus­tiz vor­an­brin­gen. Bei der Ein­füh­rung des elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehrs und der elek­tro­ni­schen Akte müs­sen unver­züg­lich die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen und die rei­bungs­lo­se Ver­net­zung mit Jus­tiz­be­hör­den ande­rer Bun­des­län­der sicher­ge­stellt wer­den.
Wir set­zen uns für die Ein­füh­rung einer Jus­tiz­ver­laufs­sta­tis­tik ein, mit der zum Bei­spiel erfasst wer­den kann, ob in Ermitt­lun­gen anfäng­lich fest­ge­stell­te Tat­mo­ti­ve bei der Straf­zu­mes­sung berück­sich­tigt wur­den.

Die Rechts­an­walt­schaft erfüllt eine wich­ti­ge rechts­staat­li­che Auf­ga­be. Durch sie wird vie­len Men­schen ein Zugang zu Recht und Gerech­tig­keit ermög­licht. Wir wol­len, dass auch zukünf­tig jun­ge Men­schen ihre beruf­li­che Per­spek­ti­ve im Anwalts­be­ruf sehen kön­nen. Wir set­zen uns im Bun­des­rat für eine gleich­zei­tig für Rechts­su­chen­de sozi­al ver­träg­li­che und für die Anwalt­schaft zukunfts­fä­hi­ge Reform des Gebüh­ren­rechts ein. Dabei müs­sen Pro­zess- und Ver­fah­rens­kos­ten­hil­fe gestärkt wer­den. Wir set­zen uns dafür ein, dass Thü­rin­gen im Bun­des­rat die Ein­füh­rung einer finan­zi­el­len Unter­stüt­zung für Media­tio­nen und außer­ge­richt­li­che Kon­flikt­lö­sungs­ver­fah­ren zur Ent­las­tung der Gerich­te vor­an­bringt.

Wir stär­ken die ehren­amt­li­chen Schieds­per­so­nen in den Thü­rin­ger Gemein­den wei­ter­hin und wol­len die sinn­vol­len Mög­lich­kei­ten des Schieds­stel­len­ver­fah­rens als außer­ge­richt­li­ches Schlich­tungs­ver­fah­ren in der Thü­rin­ger Bevöl­ke­rung noch bekann­ter machen.

In einer altern­den Gesell­schaft ist es uns ein Anlie­gen, die Situa­ti­on für recht­li­che Betreuer:innen eben­so zu stär­ken wie für die Betreu­ten zu ver­bes­sern. Wir set­zen uns im Bun­des­rat dafür ein, die Qua­li­tät der Betreu­ung zu ver­bes­sern.

Wir wol­len für Rich­te­rin­nen und Rich­ter Wei­ter­bil­dungs­an­ge­bo­te – vor allem in den Berei­chen Fami­li­en- und Betreu­ungs­recht sowie Sozi­al­recht und vor allem zum The­men­kreis häus­li­che Gewalt unter Berück­sich­ti­gung des Kin­der­schut­zes sowie zu medi­zi­ni­schen und psy­cho­lo­gi­schen Fach­kennt­nis­sen – zur Pflicht machen.
Im Bereich der Jugend­ge­richts­hil­fe muss das Zusam­men­wir­ken mit ande­ren Akteu­rin­nen und Akteu­ren aus dem sozia­len Bereich wei­ter ver­bes­sert wer­den, vor allem mit den Jugend­äm­tern, damit künf­tig kein bedürf­ti­ger Jugend­li­cher mehr bei der Maß­nah­men­ge­wäh­rung leer aus­geht.

Straf­voll­zug, Reso­zia­li­sie­rung, Wie­der­ein­glie­de­rung und Haft­ver­mei­dung müs­sen wei­ter gestärkt wer­den. Dazu set­zen wir uns für eine bereichs­über­grei­fen­de Wei­ter­ent­wick­lung der Bedin­gun­gen für die Reso­zia­li­sie­rung und Wie­der­ein­glie­de­rung von Straf­fäl­li­gen sowie für die Ver­hin­de­rung wei­te­rer Straf­ta­ten ein. Wir set­zen uns im Bun­des­rat für die Abschaf­fung der Ersatz­frei­heits­stra­fen ein. Die Lin­ke wird dazu die bis­he­ri­gen inhalt­li­chen Initia­ti­ven wei­ter­füh­ren. Das Ange­bot an Haft­ver­mei­dungs­maß­nah­men in Thü­rin­gen muss wei­ter aus­ge­baut wer­den, das gilt auch für die Voll­stre­ckung von Ersatz­frei­heits­stra­fen.

Wir wol­len, dass der Behand­lungs- und Reso­zia­li­sie­rungs­voll­zug durch eine deut­li­che per­so­nel­le Stär­kung des Jus­tiz­voll­zugs und der sozia­len, psy­cho­lo­gi­schen und medi­zi­ni­schen Fach­diens­te und den wei­te­ren Aus­bau der maß­nah­men- und pro­jekt­be­zo­ge­nen Reso­zia­li­sie­rungs­an­ge­bo­te wei­ter ver­bes­sert wird. Hier­für wol­len wir eine umfas­sen­de Eva­lu­ie­rung des Thü­rin­ger Jus­tiz­voll­zugs­ge­setz­buchs vor­neh­men. Wir wer­den die erfor­der­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen im Lan­des­haus­halt schaf­fen und alle Maß­nah­men unter­stüt­zen, die auf die Per­so­nal­ge­win­nung für den und die Per­so­nal­ent­wick­lung im Straf­voll­zug aus­ge­rich­tet sind.

Das soge­nann­te Pro­fes­sio­nel­le Über­gangs­ma­nage­ment für Inhaf­tier­te und Haft­ent­las­se­ne (PÜM­aS) trägt in Thü­rin­gen dazu bei, pass­ge­naue Ver­sor­gungs­leis­tun­gen für Gefan­ge­ne und Haft­ent­las­se­ne zu ent­wi­ckeln und die­se nach der Ent­las­sung wei­ter zu beglei­ten – unter Berück­sich­ti­gung des indi­vi­du­el­len Hil­fe­be­darfs. Das Maß­nah­men­pro­gramm hat sich bewährt und muss wei­ter aus­ge­baut wer­den. In die­sem Rah­men müs­sen die sozia­len Trä­ger durch wei­te­re finan­zi­el­le För­de­rung gestärkt wer­den.

Wir wol­len uns wei­ter dafür ein­set­zen, dass die psy­cho­lo­gi­schen Fach­kräf­te stär­ker koor­di­niert wer­den und ihre Arbeits­be­din­gun­gen wei­ter ver­bes­sert wer­den. Sie sol­len in enger Abstim­mung mit den Stel­len der Bewäh­rungs­hil­fe, der Füh­rungs­auf­sicht und Reso­zia­li­sie­rungs­an­ge­bo­ten koope­rie­ren.

Wir ver­tre­ten in Über­ein­stim­mung mit inter­na­tio­na­len Vor­ga­ben die kla­re Posi­ti­on, auf sämt­li­che Schuss­waf­fen im Thü­rin­ger Straf­voll­zug – in Abstim­mung mit den Per­so­nal­ver­tre­tun­gen – zu ver­zich­ten. Wir wol­len dafür Sor­ge tra­gen, dass ab 2025 eine Ein­zel­un­ter­brin­gung von Gefan­ge­nen flä­chen­de­ckend sicher­ge­stellt ist.

Wir set­zen uns dafür ein, dass die Gerich­te und Staats­an­walt­schaf­ten dazu moti­viert wer­den, alle Mög­lich­kei­ten des Täter-Opfer-Aus­gleichs in Thü­rin­gen in vol­lem Umfang zu nut­zen. Der Täter-Opfer-Aus­gleich ist für uns ein wich­ti­ger Bau­stein bei der Bewäl­ti­gung der Aus­wir­kun­gen von Straf­ta­ten und für eine lang­fris­tig wirk­sa­me Reso­zia­li­sie­rung und muss als flä­chen­de­cken­des Ange­bot zur Ver­fü­gung ste­hen. Des­halb muss er zukünf­tig struk­tu­rell und finan­zi­ell durch Haus­halts­mit­tel in Thü­rin­gen noch wei­ter gestärkt wer­den. Wir wol­len, dass die Thü­rin­ger Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den für digi­ta­le Angrif­fe auf Bür­ge­rin­nen und Bür­ger umfas­send sen­si­bi­li­siert und für eine effek­ti­ve Ver­fol­gung sol­cher Atta­cken ent­spre­chend geschult und aus­ge­rüs­tet sind. Dazu gehört, dass sie die Fol­gen des Aus­spä­hens und unbe­rech­tig­ten Ver­öf­fent­li­chens auch von pri­va­ten Daten als erns­tes Pro­blem wahr­neh­men und kon­se­quent ver­fol­gen, Betrof­fe­ne schnell und umfas­send infor­mie­ren sowie zu geeig­ne­ten Gegen­maß­nah­men bera­ten kön­nen. Ers­te Schrit­te dazu wur­den, zum Bei­spiel bei der Aus­rüs­tung und der Bün­de­lung von Fach- und Sach­kom­pe­tenz, unter­nom­men.

Wir wol­len bei der Ein­füh­rung neu­er recht­li­cher Vor­schrif­ten bestehen­de recht­li­che Rege­lun­gen (Nor­men­scree­ning) und die Rechts­fol­gen­prü­fung aus ras­sis­mus­kri­ti­scher Per­spek­ti­ve prü­fen und, zunächst auf Lan­des­ebe­ne, ver­bind­lich fest­le­gen – so, wie es sie zum Bei­spiel im Nach­hal­tig­keits­be­reich gibt.